Höhlenbrüter

Der NABU Schorndorf und Umgebung e.V. ist seit Jahrzehnten sehr erfolgreich im Artenschutz von Vögeln aktiv, u.a. im Rahmen des sog. Höhlenbrüterprojektes der Vogelwarte Radolfzell mit zeitweise bis zu 2500 betreuten Nistkästen (v.a. für kleinere Singvögel wie z.B. allerlei Meisen, Rotschwänze, Halsbandschnäpper etc.) und dies schon seit den 1950er Jahren. Bei einem großen Teil davon wird verzeichnet, welche und wie viele Kästen besetzt sind und welche Arten darin brüten. Die Jungvögel werden jeweils mit einem Ring der Vogelwarte Radolfzell versehen, in welchen ein einzigartiger Zifferncode eingraviert ist. Alle Daten bzw. Wiederfunddaten der einzelnen Vögel werden der Vogelwarte von den Beringern des NABU gemeldet. Aufgrund der jahrzehntelangen Vogelberingung ist es möglich, über Zu- und Abnahme der einzelnen Arten Schlüsse zu ziehen und mehr über das Zugverhalten und eventuell damit verbundenen Bestandsverlusten in Erfahrung zu bringen.

 

Ganz besonders für den in Baden-Württemberg stark gefährdeten Halsbandschnäpper tragen wir im "Schorndorfer Raum" eine hohe Verantwortung, zumal seine Brutverbreitung in Deutschland auf wenige und zumeist relativ kleinflächige Inselvorkommen beschränkt ist (s. Abb.). In unseren Streuobstwiesen kann er nur mit Hilfe eines hohen Nistkastenangebotes in seiner momentanen Bestandsgröße erhalten werden. Der wesentlichste Grund für den Rückgang ist vor allem übertriebene Ordnungsliebe, die es selten zulässt, dass alte Obstbäume mit Specht- oder Fäulnislöchern erhalten bleiben. Hinzu kommt, dass der Halsbandschnäpper als Zugvogel relativ spät in seinem Brutgebiet ankommt. Aufgrund der früher brütenden Konkurrenz (Meisen und Feldsperlinge) hätte er ohne Nisthilfen kaum noch Chancen eine der wenigen Naturhöhlen unbesetzt vorzufinden.

 

 

Daneben fanden und finden immer wieder Aktionen/Projekte statt, die gezielt zur Förderung bestimmter Arten oder Flächen durchgeführt werden. Exemplarisch seien einige davon aufgeführt:

Friedhof Urbach

Der alte Teil des Urbacher Friedhofes wurde im Jahr 2001 umfangreich neugestaltet. Er liegt am Ortsrand, direkt dahinter befinden sich die ausgedehnten Streuobstwiesen an den Hängen des Gänsbergs - ein ideales Biotop also für höhlenbrütende Vogelarten. Auf dem Friedhof selbst wurde ein alter und vielseitiger Baumbestand weitgehend erhalten. Der neuere Teil des Friedhofes ist ebenfalls reichhaltig durchsetzt von Hecken und verschiedenen Laub- und Nadelbäumen.  Ein Mitglied unserer Ortsgruppe konnte die Gemeindeverwaltung und den Gemeinderat vom Nutzen und der Bedeutung des "Ersatzlebensraums Friedhof" überzeugen und diese erklärten sich spontan dazu bereit, auf dem Friedhof 50 Nisthilfen für höhlenbrütende Vogelarten anzubringen. Bereits früh im Jahr 2002 wurden die Nisthilfen angebracht und konnten somit bereits in dieser Brutsaison von den Vögeln bezogen werden.

Projekt zur Förderung der Wasseramsel

Über den Brutbestand zu der Zeit, als das Gewässersystem der Rems zwischen Winterbach und Schwäbisch Gmünd sich noch in einem natürlichen Zustand befand, kann nur spekuliert werden. Siedlungsdichten an benachbarten naturnahen Fließgewässern deuten darauf hin, dass er sich im dreistelligen Bereich befunden haben könnte. Durch Gewässerverschmutzung, Begradigung und Uferbefestigung verlor die Wasseramsel immer mehr Nahrungsgründe und Brutmöglichkeiten an der Rems, aber auch an deren Seitenbächen. Zu einer weiteren Nistplatzverknappung führte, dass nischenreiche Sandstein- oder Holzbrücken durch moderne Betonbrücken mit glatten Wänden ersetzt wurden. 1970 war wohl der Tiefstand mit nur noch 8 Brutpaaren erreicht. Nachdem sich die Wasserqualität durch den Bau von Kläranlagen deutlich verbessert hatte, begannen Aktive unserer NABU-Gruppe in den 70er und 80er Jahren gezielt mit der Anbringung von speziellen Nisthilfen. Wie groß der Mangel an geeigneten Brutplätzen war, verdeutlichte die stete Aufwärtsentwicklung der Bestandszahlen. So konnten bereits ab Mitte der 80er bis Anfang der 90er Jahre alljährlich 40 bis 50 Wasseramselreviere registriert werden. Leider hatte sich der Brutbestand bis zum Jahr 2000 wieder halbiert. Die Ursache hierfür lag darin, dass viele der angebrachten Nistkästen durch Hochwasserkatastrophen weggeschwemmt wurden oder durch menschliche Zerstörungswut einfach nicht mehr vorhanden waren.

 

 

Nachdem im Jahr 2001 zu spät mit den Bachkontrollen begonnen wurde, die Projektteilnehmer auch noch viel zu wenig Erfahrung mitbrachten, wurden im Jahr 2002 wahrscheinlich viele Nester übersehen. Festgestellt wurde, dass die meisten der künstlichen Nistmöglichkeiten aus früheren Jahren nicht mehr vorhanden waren. Daher brachten wir im Februar 2002 im gesamten Kontrollgebiet ca. 30 Nistkästen an. Leider ließ sich auch im Jahr 2002 keine genaue Bestandskontrolle der Brutpaare durchführen, da im Frühjahr im gesamten Einzugsbereich der Rems ein Hochwasser jegliche Kontrollen beinahe unmöglich machte. Es wurden erneut Nistkästen weggespült und mit Sicherheit auch Nester zerstört. Für 2002 lässt sich daher sagen, dass der Wasseramsel-Bestand weiterhin bei ca. 20-25 Brutpaaren lag. Fehlende Nisthilfen wurden im Herbst/Winter 2002/2003 von den jeweils betroffenen Projektteilnehmern angebracht.

Aktion Mauersegler

Ursprünglich brüteten die Mauersegler in Fels- und Baumhöhlen. Heute nisten sie fast ausnahmslos an Gebäuden, die ihnen als Felsen-Ersatz dienen. An solchen Nistplätzen war in Schorndorf früher kein Mangel - am Abschluss der Dachziegel bot sich oft eine Einschlupfmöglichkeit. Moderne Bedachungen sind jedoch meist gut abgedichtet, so dass kein Vogel mehr eine Untermieter-Chance hat. Ganze Kolonien dieser "Segler im Sommerwind" gingen wegen Abriss und Modernisierung von Altbauten wie etwa der Alten Porzellanmanufaktur und des Arnold-Areals zu Grunde. Für die ausgesprochen ortstreuen Mauersegler ergibt sich bei der Heimkehr nämlich ein großes Problem, wenn ihr angestammter Brutplatz verschwunden ist und sich in der Nähe kein Ersatz finden lässt. Dank einer großzügigen Spende der Firma Schwegler standen dem NABU 35 der sehr dauerhaften Schwegler-Nistkästen aus Pflanzfaser- und Holzbeton zur Verfügung. Für die Montage mietete sich der NABU eine fahrbare Hebebühne; Patrick Kentenich und Joni Rackwitz schraubten die Kunsthöhlen in luftiger Höhe an. Obwohl die Kontrolle sehr schwierig und zeitaufwändig ist, kann mit Sicherheit gesagt werden, dass bereits im ersten Jahr mindestens 8 Kästen belegt waren.

Wanderfalkenkasten

2011 wurde von der EnBW und dem NABU Schorndorf ein Wanderfalkenkasten angebracht. Die Mastbesteigung darf nur von speziell ausgebildeten EnBW-Monteuren durchgeführt werden. Da der Kasten und der Vorbau beim Klettern nicht einfach mitgeführt werden können, war eine separate Umlenkrollen-Vorrichtung am Mast erforderlich. Mit vereinten NABU-EnBW-Kräften wurde die Nisthilfe bis in ca. 25 Metern Höhe hochgezogen und an den Winkeleisen befestigt, die bereits im Herbst 2010 von der EnBW angebracht worden waren. Zum Schluss wurde noch Nestmaterial in den Brutkasten und den Vorbau eingefüllt. Und zwar kein Stroh oder Heu für ein kuschelig warmes Nest, wie sich's vielleicht mancher denkt, sondern ein rund 140 kg schweres Gemisch aus Rundkies und Sand, das eimerweise von Hand hochgezogen wurde.